Probleme der Jugend in Europa nicht unterschätzen

„Auf den ersten Blick scheint Deutschland die Insel der Glückseligen zu sein“, kommentiert der stellvertretende Bundesvorsitzende der dbb jugend Sascha Titze aktuelle Daten des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden zur Jugendarbeitslosigkeit in Europa. Demnach sucht in Deutschland nur etwa jeder zwölfte unter 25 Jahren einen Arbeitsplatz. In Griechenland und Spanien sei es hingegen jeder zweite. „Die Statistik sagt aber nichts über die Qualität der Arbeitsplätze aus. Normalarbeitsverhältnisse gibt es auch in Deutschland für junge Menschen immer weniger“, ergänzt Michael Gadzalla, ebenfalls stellvertretender dbb jugend-Vorsitzender.

Die Statistik vom 10. August basiert auf einer Datenerhebung des europäischen Statistikamts Eurostat und erfasst längst nicht alle Jugendlichen. Aufgelistet werden nur diejenigen, die nach eigener Aussage weniger als eine Stunde in der Woche arbeiten, innerhalb des vergangenen Monats arbeitssuchend waren und innerhalb von zwei Wochen eine Stelle antreten könnten. In dieser Rechnung, die sich nach Standards der Internationalen Arbeitsorganisation ILO richtet, sind somit weder Studenten noch Praktikanten und Menschen in Fortbildungen erfasst.

Die reale Arbeitslosigkeit liegt damit tatsächlich wohl unter denen für die gesamte EU berechneten knapp 23 Prozent, das Problem sei deshalb dennoch nicht weniger drängend, so Michael Gadzalla. Er ruft deshalb dazu auf, die Situation junger Menschen nicht nur an den Zahlen von Eurostat zu messen. „Statistiken sagen wenig über die tatsächliche Situation in einem Land aus. Diese Daten nun als Beweis heranzuziehen, dass in Deutschland alles in bester Ordnung sei und es kaum Handlungsbedarf gebe, wäre ein großer Irrtum.“ Vielmehr gebe es großen Handlungsbedarf, auch der öffentliche Dienst als Arbeitgeber müsse hier noch stärker aktiv werden, fordert Gadzalla.

Auch Sascha Titze sieht die aktuelle Situation junger Menschen in Deutschland kritisch. „Viele bekommen nur eine befristete Stelle, müssen viel Flexibilität zeigen und haben im Gegenzug aber keine Arbeitsplatzgarantie.“ Die Unsicherheit unter Berufsanfängern steige auch hier. „Familienplanung oder auch nur klare Perspektiven sind unter solchen Umständen nur sehr schwer zu entwickeln.“ Deshalb gehe es europaweit nun nicht darum, einen Wettbewerb um die vordergründig besten statistischen Daten auszurufen, sondern darum, eine tatsächlich sichere und verlässliche Arbeitsumgebung für junge Menschen zu schaffen. Hier seien auch die Arbeitgeber in der Pflicht, so Titze. „Verunsicherung ist nie eine gute Grundlage für Erfolg. Verlässlichkeit darf keine Einbahnstraße sein!“

 

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