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Equal Care Day

Pflege, Beruf und Familie wieder ins Gleichgewicht bringen

Vor allem Frauen reduzieren für die Pflege von Angehörigen ihre Erwerbstätigkeit, was das Risiko für Altersarmut erhöht. Doch das ist nur die Spitze des Care-Gap-Eisbergs.

„Wir sind leider noch weit davon entfernt, dass die Vereinbarkeit zwischen Pflege, Beruf und Familie für alle möglich ist“, machte Milanie Kreutz, stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung zum Equal Care Day am 29. Februar 2024 deutlich. „Die angestrebte Balance ist die Ausnahme. In der Regel kippt es in Richtung Pflege, was bedeutet, dass Beruf und Familie hintenangestellt werden. Pflegende Angehörige gehen in Teilzeit oder kündigen. Dadurch haben sie deutlich weniger Rente und können weniger bis gar keine Rücklagen ansparen. Die Folge ist vielfach Altersarmut. Dadurch, dass ca. 70 Prozent der pflegenden Angehörigen Frauen sind, sind vor allem sie dem Risiko der Altersarmut ausgesetzt.“

Eine Lösung für dieses Problem stellt eine steuerfinanzierte Entgeltersatzleistung dar, so Kreutz: „Wir empfehlen ein Modell, mit dem sich pflegende Angehörige freistellen lassen können und einen finanziellen Ausgleich erhalten, auf den Pflegehaushalte rasch und unbürokratisch zugreifen können. Der „Unabhängige Beirat für die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf“, in dem auch der dbb Mitglied ist, hatte dem Bundesfamilienministerium bereits vor über einem Jahr ein Konzept zur Ausgestaltung von Familienpflegezeit und -geld vorgelegt. „Jetzt ist die Politik am Zug. Leider gab es noch keine Bewegung bei diesem Thema, obwohl die Lohnersatzleistungen bei Pflege im Koalitionsvertrag stehen.“

Kreutz betonte, dass sich die Pflege von Angehörigen auch nicht einfach „outsourcen“ lasse: „Die Pflegeheime in Deutschland sind schon seit Jahren überlastet und haben kaum noch Plätze. Dies wird durch einen gravierenden Fachkräftemangel in der Pflege und eine alternde Bevölkerung in den kommenden Jahren noch weiter verstärkt. Auch bei der ambulanten und häuslichen Pflege ist das Personal knapp. Wir sind mittlerweile an einem Punkt angekommen, an dem das komplette deutsche Pflegesystem auf der kostenlosen Pflege durch Angehörige aufbaut. Ohne sie würde es kollabieren.“ Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben sei ein wichtiger Schritt, aber keine nachhaltige Lösung. „Diese Fachkräfte fehlen dann wiederum in ihren eigenen Ländern, wo sie ebenfalls gebraucht werden.“ Dem Gender Care Gap werde damit auch nicht geholfen, da die große Mehrheit der angeworbenen Pflegekräfte Frauen sind.

„Die Pflege ist zwar das prominenteste Beispiel für die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit und ihre Auswirkungen, ist aber nur die Spitze des Eisbergs“, erklärte Kreutz. Laut dem zweiten Gleichstellungsbericht der Bundesregierung verrichten Frauen eineinhalb Mal so viel Familien- und Sorgearbeit wie der Mann. Bei Familien mit Kind fallen damit häufig zweieinhalb Stunden mehr Arbeit für die Frau an, als für den Mann. Mehr Kinder oder Kinder mit Behinderung sorgen für eine Steigerung dieser Diskrepanz. Alleinerziehende Eltern, von denen Mütter knapp 84 Prozent oder 2,2 Millionen ausmachen, müssen die Sorgearbeit nahezu komplett allein verrichten. Diese zweieinhalb Stunden müssen irgendwo abgezogen werden, sei es vom Beruf, von Freizeit und Hobbies, von der Weiterbildung oder vom Schlaf. „Darum gilt es, antiquierte Geschlechterrollen aufzubrechen und gesetzliche Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine gerechte Verteilung der Care-Arbeit fördern und nicht – wie im Fall des Ehegattensplittings – hemmen.“

 

Hintergrund:

Der Equal Care Day ist ein Aktionstag, um auf die gravierenden Geschlechterunterschiede bei der bezahlten und unbezahlten Care-Arbeit aufmerksam zu machen. Das Datum des 29. Februars ist bewusst gewählt: Das „unsichtbare“ Datum steht symbolisch für die meist unsichtbare Sorgearbeit. Auf der zentralen ECD-Konferenz in Bonn 2020 gehörten die dbb frauen zu dem Erstunterzeichnerinnen und -unterzeichnern des gemeinsamen Manifests. Der Equal Care Day fand zeitgleich mit der Hauptversammlung der dbb frauen in Bonn statt. Die dbb Frauen nutzten die Veranstaltung, um mit einem Vortrag und anschließender Diskussionsrunde für das Thema zu sensibilisieren.

 

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