Deutscher Philologenverband (DPhV) / Verband Bildung und Erziehung (VBE)

OECD-Bildungsbericht: Lehrkräfte müssen entlastet werden

Angesichts der am 10. September 2024 veröffentlichten OECD-Studie „Bildung auf einen Blick 2024“ verweist der DPhV auf die hohen Belastungen deutscher (Oberstufen-)Lehrkräfte und fordert endlich spürbare Entlastungen. Der VBE fordert, Bildungsungerechtigkeit entschlossener anzugehen.

Laut OECD-Studie haben diese (Oberstufen-) Lehrkräfte in Deutschland im internationalen Ranking das dritthöchste Arbeitspensum zu absolvieren (hinter Chile und der Schweiz). Damit liegen sie weit über dem OECD-Schnitt. Die DPhV-Bundesvorsitzende Susanne Lin-Klitzing sagte: „Es wird in der öffentlichen Diskussion in Deutschland immer wieder übersehen, welch gewaltigen Einsatz deutsche Lehrkräfte täglich erbringen, eben auch weil sie so viel Zeit für außerunterrichtliche Tätigkeiten aufwenden müssen. Das fällt im internationalen Vergleich besonders auf. Es ist im Übrigen schade, dass die OECD diesen Teil ihrer Daten nicht prominenter kommuniziert. Von einer angemessenen Balance zwischen Arbeits- und Privatleben kann bei deutschen Lehrkräften jedenfalls nicht die Rede sein!“

Auch die Gehälter der deutschen Lehrkräfte seien im internationalen Vergleich inflationsbereinigt zwischen 2015 und 2023 nur um 1 Prozent gestiegen. Das liege unter dem OECD-Durchschnitt von 4 Prozent und hinter Ländern wie Australien, Österreich oder Südkorea. Schon die diesbezügliche OECD-Studie von 2023 weist auf zu wenig Beförderungsämter für Lehrkräfte hin. Für den Bildungsbereich insgesamt ist in Deutschland zwar eine Steigerung der Ausgaben von 4,2 auf 4,6 Prozentanteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu verzeichnen. Jedoch liegt dieser Anteil nach wie vor unter dem OECD-Durchschnitt von 4,9 Prozent des BIP.

Die Studie lenke zudem den Blick auf die frühkindliche Bildung, der mehr Aufmerksamkeit und eine vergleichsweise hohe Steigerung der bereitgestellten öffentlichen Mittel in den Jahren von 2015 bis 2021 zuteilwurde. Hier fordert Lin-Klitzing, die vorschulische Bildung konsequent bei den Kultusministerien und nicht wie bisher beim Familienministerium anzusiedeln.

Tomi Neckov, stellvertretender VBE-Bundesvorsitzender, sagte zum OECD-Bildungsbericht: „Die positiven Aspekte des Bildungsberichtes können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ergebnisse in Gänze unterstreichen, was bereits seit Jahren im Argen liegt. Bildung hängt in Deutschland weiterhin in hohem Maß von der familiären Herkunft ab. Dies wird unter anderem am Anteil der Schülerinnen und Schüler sichtbar, die am Ende der Sekundarstufe mindestens grundlegende Mathematikkenntnisse erwerben konnten. Kamen sie aus benachteiligten Haushalten, gelang dies nur gut der Hälfte der Schülerinnen und Schüler, wohingegen es über 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler aus nicht benachteiligten Haushalten schaffen konnten. Ähnlich verhält es sich bei Familien mit Migrationsgeschichte. Nur 55 Prozent der Kinder mit, aber 78 Prozent der Kinder ohne Migrationshintergrund konnten entsprechende Fähigkeiten erwerben. Das A und O bei der Unterstützung von Kindern aus benachteiligten sozialen Lagen ist die individuelle Förderung durch das Lehrpersonal. Angesichts des massiven Personalmangels ist dies allerdings oft nur schwer umsetzbar. Auch wenn die Politik den Ernst der Lage erkannt und mit dem Startchancenprogramm zielgerichtet und nicht länger mit der Gießkanne unterstützt, kann dies nur ein erster Schritt sein. Zeitlich befristete Programme reichen lange nicht mehr aus. Wir brauchen strukturelle Verbesserungen in der Bildungsfinanzierung und langfristige finanzielle Sicherheit.“

Auch was die Attraktivität des Hochschulstandortes Deutschland angeht, gießt Neckov Wasser in den Wein: „Auch wenn die Anzahl von Studentinnen und Studenten aus dem Ausland seit 2013 gestiegen ist, dürfen wir nicht außer Acht lassen, dass viele Studiengänge, insbesondere im Lehramtsstudium, mit einer hohen Abbruchquote zu kämpfen haben. Hier braucht es endlich bessere Studienbedingungen und eine bessere Begleitung der Studentinnen und Studenten. Beispielsweise können eine Kinderbetreuung, eine ergänzende finanzielle Unterstützung für junge Eltern und die Bereitstellung von angemessenen und finanzierbaren Wohnungen eine wichtige Unterstützung sein.“

 

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