Europa

Neue internationale Standards für Gleichstellung

In der Realität wie im virtuellen Raum ist der Weg zur Gleichstellung noch weit. Die Herausforderungen sind vielfältig. Um diese zu lösen, braucht es sinnvolle Rahmenbedingungen.

„Wir müssen ein Umfeld schaffen, in dem sich Frauen bestärkt fühlen, zu führen und Neues zu wagen und damit historische Schranken einzureißen“, machte Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung, in ihrem Vortrag auf den CESI Summer Days am 27. Juni 2024 in Brüssel deutlich. Dazu gehören kulturelle und gesellschaftliche Normen, Zugang zu Bildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten, Repräsentation, Sichtbarkeit und politische Unterstützung. Kreutz weiter: „Als Gewerkschaften ist es unsere Pflicht, sicherzustellen, dass Regierungen und Arbeitgeber den Gender Digital Divide schließen, die Diskriminierungsfreiheit von KI-Algorithmen und Datenschutz gewährlisten und bei allen Prozessen transparent bleiben. Verantwortlichkeit muss klar benannt sein, um Nutzerinnen und Nutzer zu schützen und Vertrauen in digitale Systeme aufzubauen.“ Um dies zu erreichen, brauche es einen konzertierten Einsatz, um Cybermobbing, Hassrede und andere Formen der Gewalt im Cyberspace einzuschränken. „Wir müssen robuste Maßnahmen und Systeme entwickeln, um Opfer zu schützen und Täter zur Rechenschaft zu ziehen“, erklärte Kreutz. Der öffentliche Dienst – von der Gesetzgebung über soziale Dienste, Gesundheitsversorgung und Sicherheit – sei essentiell, um diese Systeme bereitzustellen.

Dissonanz in der EU

Zum Thema Gender Mainstreaming sagte die dbb frauen Chefin: „Wir müssen alle Aspekte der Gesetzgebung aus der Perspektive der Gleichstellung betrachten, um sicherzugehen, dass Frauen nicht abgehängt werden. Ein Ansatz hierfür ist natürlich, Frauen die entsprechende Repräsentation in leitenden Positionen in der Politik und am Arbeitsplatz zu geben.“ Als Beispiel für solch eine Strategie nannte Kreutz die EU-Richtlinie „Women on Boards“ aus dem Jahr 2023, die eine geschlechtergerechte Verteilung von Führungsrollen in Unternehmen erreichen will. Die dbb frauen Chefin hinterfragte allerdings, warum sich die EU auf Unternehmen beschränken sollte. „Der Ausschluss des öffentlichen Dienstes von dieser Richtlinie schafft ungleiche Standards für Gleichstellung und führt zu einem Flickenteppich von Lösungsansätzen. Es ist ein bisschen wie wenn ich bei der einen Hälfte eines Orchesters eine Symphonie dirigiere, während die andere Hälfte Jazz improvisiert. Wir müssen alle Erwerbsbereiche in Einklang bringen, wenn wir in den höchsten Tönen über Gleichstellung sprechen wollen.“

Gleichstellung stärkt die Wirtschaft und ist schlicht ein Menschenrecht

Von einer gleichberechtigten Gesellschaft profitieren alle, erklärte Kreutz: „Laut Weltbank könnte das BIP in vielen Ländern bis zu 20 Prozent steigen, wenn der Anteil an erwerbstätigen Frauen so hoch wäre, wie bei Männern. Zahlen des IWF zeigen, dass eine Schließung der Lücke bei der Erwerbstätigkeit, die Zahl der Arbeitskräfte in Europa um sechs Prozent ansteigen ließe.“ In Zeiten von Wirtschaftskrisen und Arbeitskräftemangel seien diese Zahlen alles andere als trivial. „Indem wir die Rechte von Frauen fördern und ihr Potenzial einbinden, vergrößern wir die Chance, in einer besseren und nachhaltigeren Welt zu leben. Denn Frauen zu fördern, bringt Mehrwert für die gesamte Gemeinschaft“, betonte Kreutz. Ein höherer Frauenanteil bei den Arbeitskräften führe zu höheren Einkommen in Haushalten, besseren Bildungsabschlüssen für Kinder und insgesamt mehr Gesundheit und Wohlbefinden für Familien. „Aber abgesehen von Zahlen und wirtschaftlichen Indikatoren", hob Kreutz hervor, „geht es bei der Gleichstellung schlicht auch um die Rechte und Würde des Menschen.“

 

Hintergrund:

Die CESI ist die european confederation of independent trade unions, in der auch der dbb Mitglied ist. Auf den CESI Summer Days, die am 27. Und 28. Juni 2024 unter dem Titel „New Technologies, AI & Gender Equality at Work“ in Brüssel stattfanden, tauschten sich Expertinnen und Experten mit dem Publikum über die aktuellen Herausforderungen der digitalen Welt für die Gleichstellung aus.

 

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