DJG
Ladies Night als Selbsthilfe
Hiam Sülten setzt sich mit ihrem Verein Bilmatî e.V. für Opfer häuslicher Gewalt in Braunschweig ein. Die DJG Frauen haben die Selbsthilfegruppe besucht.
Darf ich vorstellen? Hiam Stülten: Sie selbst war jahrelang von schwerster häuslicher Gewalt betroffen und verließ ihren Mann lange Zeit nicht, um ihren Kindern den Vater nicht zu nehmen. Als der Mann sie zum wiederholten Male verließ und sie ihn wieder zurückholen wollte, hielt sie ihr damals 14-jähriger Sohn auf. Sie solle es nicht tun. „Mama, denkst du, ich vergesse deine Schreie mitten in der Nacht?“ Damit öffnete er ihr die Augen. Sie hatte immer versucht, das Leid vor ihren Kindern zu verbergen. So glaubte sie, sie schliefen tief und fest, wenn es wieder passierte.
Ihr Sohn half ihr damals sehr, sich nach dem Jahre langem Missbrauch von ihrem Exmann zu lösen. Sie weiß, wie schwer so eine Trennung verläuft, welche Ängste betroffene Frauen in sich tragen und wie schwer die aufgebürdete Verantwortung wiegt, die man tragen muss. Sowohl, für sich selbst stark zu sein, als auch für die eigenen Kinder. Aus diesem Grund gründete Hiam 2017 den gemeinnützigen Verein Bilmatî e.V., der sich für Integration und Chancengleichheit einsetzt und eröffnete eine Selbsthilfegruppe für Opfer häuslicher Gewalt in Braunschweig.
Hiam organisierte für den 10. November 2023 mit ihrem Team von Bilmatî e.V eine Ladies Night von Frauen für Frauen. Viele der Frauen, mit der sie im Rahmen ihres Vereins zusammenarbeitete, wünschten sich eine Party nur für Frauen. Über bestimmt fünf Ecken gelangte diese Einladung dann auch in meine Hände. Über E-Mail nahm ich Kontakt zu Hiam auf und sie lud die Bundesfrauenvertreterin der DJG und mich exklusiv zu ihrer geplanten Ladies Night ein. Ich war wirklich sehr gespannt und freute mich, sie dort zu treffen.
Die Kopftücher wedeln im Takt der Musik
Dort angekommen wurde ich von traditioneller Musik, vielen glücklichen Frauen und Kindern und einer herzlichen Umarmung Hiams begrüßt. Sofort wurde ich weiteren Frauen vorgestellt, mit leckeren süßen Snacks wie Baklava versorgt und sogleich zum Tanz aufgefordert. Die Frauen schnalzten vor Freude, sie schüttelten ihr Haar wild umher und wedelten mit ihren Kopftüchern zum Takt der Musik.
Am späteren Abend unterhielt sich Hiam noch mit mir und der Bundesfrauenbeauftragten Bianca Korbanek über ihre Arbeit und gewährte uns eine kurze Einsicht in diese Kultur. Warum zum Beispiel bei einer Ladies Night die Frauen mit ihren Kindern anwesend waren. Nämlich, weil dort zum Großteil die Frauen allein für die Kinder zuständig sind. Der Deal lautete also, wenn die Frau sich amüsieren will, dann nur, wenn sie auch alle Kinder mitnimmt.
Dort in dem Tanzsaal war der sichere Raum dieser Frauen und nach und nach trauten sich einige von ihnen, ihre Kopftücher zu lösen und frei zu tanzen. Würden sie am späten Abend von ihren Männern wieder abgeholt werden, so würden die Kopftücher wieder akkurat sitzen.
Ich selbst musste schlucken. Seitdem ich mich mit Frauenarbeit beschäftige, musste ich mich auch zeitgleich mit dem Thema Privilegien und Marginalisierung auseinandersetzen. Ich selbst könnte mir nie vorstellen, meine Haare nicht offen zu tragen oder nicht selbstbestimmt zu entscheiden, wann ich aus dem Haus gehe, wie lange ich wegbleibe oder wohin ich gehe. Nie war meine persönliche Freiheit an solche strengen Bedingungen geknüpft. Doch für die Frauen, die Hiam Stülten betreut, ist das normaler Alltag.
Gemeinsam mit Bianca wurde an diesem Abend schon ein grober Plan für das Jahr 2024 geschmiedet, inwiefern unsere Frauenarbeit der Deutschen Justizgewerkschaft gemeinsam mit dem Bilmatî e. V. kooperieren wird. Eines ist jedoch jetzt schon sicher, Hiam Stülten und wir von der DJG werden uns wiedersehen.
Ich danke Hiam für diese Ladies Night und für alles Informative, was diese mit sich brachte.