Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen
„Eine Gesellschaft, die Frauen schützt, schützt die Grundfeste ihrer Menschlichkeit“
Schluss mit der Gewalt an Frauen – es braucht endlich eine umfassende Strategie, fordern die dbb frauen.
Am 25. November 1960 wurden in der Dominikanischen Republik die drei Mirabal-Schwestern vom Regime ermordet, weil sie sich gegen die Militärdiktatur aufgelehnt hatten. Ihr Schicksal machte internationale Schlagzeilen und führte dazu, dass sich ehemals Verbündete vom Regime abwandten und die Diktatur schließlich kollabierte. In Gedenken an die drei Schwestern riefen Feministinnen aus Lateinamerika und der Karibik den Tag 1981 zum Gedenktag aus. Seitdem organisieren Menschenrechtsorganisationen auf der ganzen Welt am 25. November Veranstaltungen, bei denen sie auf das Problem der Gewalt gegen Frauen aufmerksam machen. 1999 wurde der Gedenktag offiziell von den Vereinten Nationen aufgegriffen.
Zahlen und Fakten: Gewalt gegen Frauen in Deutschland
- Jede dritte Frau ist von sexueller und/oder körperlicher Gewalt betroffen.1
- Ein Viertel aller Frauen erlebt körperliche und/oder sexuelle Gewalt in der Partnerschaft.2
- Zwei von drei Frauen haben schon sexuelle Belästigung erlebt.3
- Die Dunkelziffer liegt vermutlich wesentlich höher.4
- Eine Umfrage der Organisation Plan International aus dem Sommer 2023 ergab, dass 33 Prozent der befragten Männer im Alter von 18 bis 35 Jahren es akzeptabel finden, wenn ihnen im Streit mit der Partnerin gelegentlich "die Hand ausrutscht".5
Milanie Kreutz, Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung und stellvertretende dbb Bundesvorsitzende, ist alarmiert. „Diese Zahlen sind erschreckend. Sowohl die Politik als auch die Arbeitgebenden müssen dafür sorgen, dass sich Frauen zuhause, in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz sicher fühlen können. Eine Gesellschaft, die Frauen schützt, schützt die Grundfeste ihres eigenen Fortschritts und ihrer Menschlichkeit. Am internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt an Frauen – wie auch an allen anderen Tagen - appellieren wir, dass Gleichstellung erst dann erfolgen kann, wenn Frauen überall und in allen Lebensbereichen vor Gewalt geschützt sind. Gemeinsam setzen wir uns für eine Welt ein, in der Frauen ohne Angst vor Gewalt leben können.“
Mehr Schutz für Frauen am Arbeitsplatz
Obwohl die Istanbul-Konvention in Deutschland seit dem 1. Februar 2023 uneingeschränkt gilt, kritisieren Expertinnen, dass es immer noch erhebliche Lücken in der effektiven Umsetzung gibt. „Eine langfristige, umfassende Strategie gegen Gewalt an Frauen sowie eine nationale Koordinierungsstelle fehlen beispielsweise nach wie vor“, erklärt Kreutz. „Als öffentlicher Dienst müssen wir uns hier aktiv einbringen, denn wir sind es, die Gesetze und Richtlinien für den Schutz von Frauen umsetzen. Wir sind die erste institutionelle Anlaufstelle von Betroffenen und müssen als Vorbild agieren."
Frauen sind Übergriffen nicht nur durch Externe, also Bürgerinnen und Bürger, ausgesetzt, sondern auch manchmal durch Interne, durch Kolleginnen und Kollegen, und manchmal auch durch Vorgesetzte. Das beeinflusst nicht nur das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit der Betroffenen, sondern wirkt sich auch extrem negativ auf die gesamte Arbeitsumgebung aus. „Die Mehrheit der Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind Frauen“, erklärt Kreutz. „Als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sind wir oft mit der Situation konfrontiert, dass wir anderen Menschen helfen und für deren Sicherheit sorgen sollen und dann paradoxerweise selbst Opfer von Gewalt werden.
Prävention sei essenziell, um Gewalt am Arbeitsplatz entgegenzuwirken. Kreutz weiter: „Grundsätzlich sollten Beschäftigte darauf achten, Verhaltensänderungen oder Anzeichen von Gewalt bei ihren Teammitgliedern zu erkennen. Frühzeitige Interventionen können helfen, weitere Eskalationen zu verhindern und den Betroffenen Unterstützung anzubieten.“ Auch Führungskräfte seien bei dieser Aufgabe gefragt: „Führungskräfte können eine Kultur fördern, in der Mitarbeiterinnen sich sicher fühlen, über etwaige Probleme oder Bedenken im Zusammenhang mit Gewalt offen zu sprechen. Eine offene und vorurteilsfreie Kommunikation ist entscheidend, um Opfern den Raum zu geben, ihre Erfahrungen zu teilen.“
Im Umgang mit Gewalt brauche es ebenfalls eine klare Strategie: „Die Kommunikationswege müssen allen klar sein, damit Opfer direkt wissen, an wen sie sich wenden können. Diese Stellen müssen mit den entsprechenden Befugnissen ausgerüstet sein, damit Übergriffe auch ernsthafte Konsequenzen für die Täter haben. Und schlussendlich müssen die Arbeitgebenden sicherstellen, dass den Opfern geholfen wird, nicht den Tätern. Denn viel zu häufig werden Frauen, die einen Vorfall melden, als Nestbeschmutzerin gebrandmarkt und die Täter kommen ohne Konsequenzen davon.“
Neue Broschüre „Hinsehen, Einschreiten, Vorbeugen – Null Toleranz bei sexueller Belästigung, Gewalt und Mobbing“
Gewalt, sexuelle Belästigung und Mobbing waren ebenfalls Thema der frauenpolitischen Fachtagung der dbb frauen am 14. Juni 2023. Gemeinsam mit Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Politik und den dbb Gewerkschaften wurden das Ausmaß von Gewalt gegen Frauen im öffentlichen Dienst ergründet sowie Maßnahmen und Konzepte beleuchtet, Bedrohungen und Übergriffe am Arbeitsplatz zu reduzieren oder zu verhindern. Jetzt ist die Broschüre zur Veranstaltung erschienen. Sie enthält alle Vorträge der Referentinnen und Referenten, wichtige Impulse aus der großen Diskussionsrunde und Impressionen von der Veranstaltung. Fachlich bietet die Broschüre profunde Einblicke in den aktuellen Forschungsstand, in die Situationen vor Ort und zeigt vielfältige Lösungsansätze und wertvolle Erkenntnisse auf.
Quellen: