Dauderstädt eröffnet dbb Jahrestagung 2014

„Der Staat darf sich seiner Verantwortung nicht entziehen“

„Der Staat darf sich seiner Verantwortung gegenüber den Staatsbürgern nicht entziehen.“ Mit diesen deutlichen Worten hat der dbb Bundesvorsitzende Klaus Dauderstädt die Regierungen von Bund und Ländern aufgefordert, eine neue Balance im staatlichen Handeln zu finden. Der Abbau öffentlicher Leistungen einerseits und die politische Einmischung in funktionierende Systeme wie der Tarifpluralität andererseits seien nicht geeignet, die Funktionsfähigkeit des Landes zu sichern, sagte Dauderstädt am 6. Januar 2014 in Köln zur Eröffnung der 55. dbb Jahrestagung.

In der Bundesrepublik sei die solidarische Finanzierungslast immer unausgewogener verteilt. Die Belastung der Unternehmen durch Steuern und Sozialabgaben sinke, während die der Bürger stetig steige. „Die Menschen in diesem Land sind nicht blind gegenüber solchen Entwicklungen“, so der dbb Chef. Zu der Ungleichbehandlung trage fehlendes Personal bei den Finanzbehörden wie Zoll und Steuerfahndung zusätzlich bei. Das Geld für Steuer-CDs solle daher besser „in die Besoldung deutscher Finanzbeamter investiert werden“.

Videoaufzeichung der Rede

Bedenklich sei die steigende Belastung der Bürger auch, weil diese gleichzeitig mit immer mehr Aufgaben allein gelassen würden. Sinnbildlich dafür sei die Diskussion über Maßnahmen gegen die wachsende Zahl der Wohnungseinbrüche, durch Mindeststandards für den Einbruchschutz in Bauverordnungen oder die steuerliche Absetzbarkeit von Ausgaben für die Wohnungssicherung. Der Schutz vor Wohnungseinbrüchen „ist nicht Aufgabe des Bauordnungs- oder des Finanzamtes, dazu brauchen wir genügend Polizei“, machte Dauderstädt deutlich.

Dieser Rückzug des Staates werde die Politik angesichts des demografischen Wandels und dem damit einhergehenden Fachkräftemangel zukünftig vor noch größere Herausforderungen stellen, sagte der dbb Chef. Denn „so, wie die Menschen sich darauf verlassen können müssen, dass die Feuerwehr nicht erst zwei Stunden nach dem Alarm eintrifft und dass ihre Kinder nicht 38 Kilometer zur nächsten Schule tagtäglich zweimal zurücklegen müssen, so wollen sie auch nicht vor Schildern mit der Aufschrift ‚Kraftfahrzeugzulassungsstelle – geöffnet jeden dritten Donnerstag im Monat von 9 bis 13 Uhr‘ stehen.“

Um diesen Entwicklungen entgegenzuwirken, müsse der öffentliche Dienst allgemein und das Berufsbeamtentum insbesondere gestärkt werden. „Manche halten den Beamten deutscher Prägung für überholt. Wir nicht“, sagte der dbb Chef. Zum Kern des Beamtentums gehöre auch die Verpflichtung des Staates zur Alimentation, so Dauderstädt mit Blick auf wachsenden Besoldungsunterschiede in Bund und Ländern. Zwar gebe es keine Norm, die eine Übernahme der Tarifergebnisse für Besoldung und Versorgung vorschreibt. Aber: „Die muss es auch nicht geben, solange die Parlamente sich nicht aus ihrer Verpflichtung zur richtigen Alimentation zurückziehen.“ In diesen Punkten dürften die Dienstherren ebenso wenig untätig bleiben wie etwa bei den offenen Fragen zur Altersdiskriminierung sowie bei den Sorgen der Beschäftigten im Arbeitsalltag. Dauderstädt: „Es wäre gut, wenn sich der Staat bei all diesen Konflikten eindeutig, zeitnah und schützend vor seine Beschäftigten stellen würde.“

Dieser drängenden Probleme solle sich die Politik annehmen, statt sich in funktionierende Systeme wie die gelebte Tarifpluralität einzumischen. Eine gesetzlich erzwungene Tarifeinheit, wie sie im Koalitionsvertrag angedeutet sei, berge in der Praxis viele Fallstricke, sagte der dbb Chef: „Wer definiert einen Betrieb? Und wer misst die Mehrheit?“ Dauderstädt ergänzte mit Verweis auf die im Grundgesetz garantierte Koalitionsfreiheit: „Welcher Arbeitnehmer will schon einer Gewerkschaft angehören, die keinen Einfluss nehmen darf? Mittelbar greift der Gesetzgeber so in ein wesentliches Grundrecht ein. Kaum vorstellbar, dass das Bundesverfassungsgericht dabei mitspielt.“

 

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