Gleichstellung im Bundestag
Kein gleicher Zugang zu jedem öffentlichen Amt
Wie kann diskriminierungsfreies Fortkommen im öffentlichen Dienst funktionieren? Für dbb frauen Chefin Milanie Kreutz sind die Beurteilungskriterien die zentrale Stellschraube.
„Die Kriterien müssen geschlechtsneutral sein und unterschiedliche Lebensrealitäten berücksichtigen. Sie sollen nicht nur auf Präsenz und Überstunden basieren, sondern tatsächliche Leistung, Ergebnisorientierung und Kompetenzen in den Vordergrund stellen“, betonte Kreutz am 9. April 2024 bei einem Austausch mit Topsi Menzel, Gleichstellungsbeauftragte der Verwaltung des Deutschen Bundestages, ihrem Team und anderen Interessierten. Die Beurteilungsverfahren sollen durch klare Kommunikation der Bewertungskriterien und -prozesse transparenter werden. „Teilzeitarbeit und Unterbrechungen für familiäre Verpflichtungen dürfen nicht negativ bewertet werden. Stattdessen sollen Fähigkeiten und Kompetenzen, die durch familiäre Verpflichtungen erworben wurden, als Beitrag zur beruflichen Entwicklung anerkannt werden“, forderte Kreutz. „Dazu braucht es eine kritische Überprüfung und ggf. Anpassung der Gesetze, die das Beurteilungswesen regeln, um eine geschlechtergerechte Fortentwicklung zu gewährleisten.“
Nach Artikel 33, Abs. 2 GG hat jeder Deutsche „…nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt.“ In der Realität gebe es jedoch häufig Schwierigkeiten bei der objektiven Messung von „Leistung". „Es ist schwierig, über verschiedene Arbeitsfelder hinweg einheitliche Maßstäbe zu finden, die gerecht und fair über eine breite Palette von Aufgaben und Rollen hinweg angewendet werden können,“ erklärte Kreutz. Gerade deswegen brauche es eine Überarbeitung der bestehenden Kriterien.
Weiterhin bestehe das Problem, dass Bewertungskriterien eben nicht unabhängig vom Geschlecht angewendet werden, da sie unbewusst oder bewusst durch Vorurteile beeinflusst werden. „Frauen und Teilzeitbeschäftigte werden in Beurteilungen oft schlechter bewertet. Das hat direkte Auswirkungen auf ihre Karrierechancen“, kritisierte Kreutz. Teilzeitbeschäftigte leiden zudem an mangelnder Sichtbarkeit. Oft seien sie sogar produktiver als ihre Kolleginnen und Kollegen in Vollzeit, haben dadurch aber weniger Zeit, mit ihren Vorgesetzten zu sprechen und ihre Leistungen präsent zu machen. Die dbb frauen empfehlen den Arbeitgebenden daher, Schulungen für Beurteilende anzubieten, die Sensibilität für unbewusste Vorurteile zu schaffen und die Fähigkeit zu vermitteln, fair und unvoreingenommen zu bewerten. Zudem sollen sie Programme zur Förderung von Diversität und Inklusion, einschließlich Mentoring und Netzwerken, insbesondere für Frauen, anbieten.
Der Gender Pay Gap im öffentlichen Dienst liegt bei 7,0 Prozent, wobei die Lohnlücke bei leitenden Stellungen im Vergleich zu allen übrigen Leistungsgruppen am höchsten ausfällt. 43 Prozent der Führungspositionen in den obersten Bundesbehörden sind mit Frauen besetzt. Im FüPoG II ist das Ziel von 50 Prozent bis 2025 gesetzt.
Hintergrund: