dbb magazin 7/8 2015 - page 27

Verwaltung. Hier hat die Bun-
desregierung deutlich gemacht,
dass dies derzeit für sie kein
Thema ist.
Der sperrig klingende Begriff
beschreibt die Analyse aller Ein-
nahmen und Ausgaben des Fis-
kus im Hinblick auf ihre ökono-
mischen Effekte für Frauen und
Männer. Je nachdem, ob Steu-
ergeld für Autobahnen oder
beispielsweise Straßenbahnen
ausgegeben wird, profitiert
eine andere Bevölkerungsgrup-
pe. So ist der Nutzen für Frauen
(wie auch Kinder und Senioren)
größer als für Männer, wenn in
den öffentlichen Nahverkehr
investiert wird.
Damit alle gleich viel vom
Kuchen abbekommen, tritt die
dbb bundesfrauenvertretung
für eine konsequente Umset-
zung des Gender Budgetings
ein. „Hier geht es wie bei der
Entgeltgleichheit zunächst da­
rum – durch eine Analyse der
aktuellen Situation –, eine ge-
rechte Verteilung begrenzter
Mittel zu erreichen“, erklärt
Helene Wildfeuer. „Das muss
auch ein Thema für die Bun-
desregierung sein!“
seb
Gespräch im Bundesfamilienministerium:
Themen fortentwickeln
Die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung
Helene Wildfeuer ist am 12. Juni 2015 zu einem
Arbeitsgespräch mit dem Staatssekretär im Bun-
desfamilienministerium (BMFSFJ) Dr. Ralf Klein-
diek zusammengetroffen. Sie vereinbarten, die
Themen Mutterschutz, Lohngerechtigkeit und Fa-
milienarbeitszeit gemeinsam weiterzuentwickeln.
Helene Wildfeuer wies auf die
Lohnlücke zwischen den Ge-
schlechtern, dem sogenannten
Gender Pay Gap, hin, der im öf-
fentlichen Dienst immer noch
bei sieben Prozent liegt: „Es ist
zwar positiv, dass der Gender
Pay Gap im öffentlichen Dienst
deutlich geringer ist als in der
freien Wirtschaft, denn dort
liegt er derzeit bei 22 Prozent.
Aber warum liegt er nicht bei
null Prozent, denn schließlich
macht die gesetzlich geregelte
Bezahlung keinen Unterschied
zwischen Männern und Frauen?
Hier zeigen Besoldungs-, Tarif-
und Gleichstellungsrecht zwar
Wirkung, aber das reicht nicht
aus.“ Diese Lohnlücke sei unter
anderem auch auf das Fehlen
von geschlechtergerechten Be-
urteilungsrichtlinien zurückzu-
führen. Hier sei der Einsatz des
Bundesfamilienministeriums
gefragt. „Im Gespräch mit
Herrn Staatssekretär Dr. Klein-
diek haben wir auch kritisiert,
dass der öffentliche Dienst bei
der Initiative Wiedereinstieg,
die das Bundesfamilienministe-
rium gemeinsammit der Bun-
desagentur für Arbeit mit einer
Auftaktveranstaltung am 29.
Juni gestartet hat, nicht vertre-
ten ist“, so Helene Wildfeuer
weiter. Die aus Mitteln des
Europäischen Sozialfonds (ESF)
finanzierte Initiative fördert
Projekte, die einen perspektiv-
reichen und vollzeitnahen be-
ruflichen Wiedereinstieg für
Frauen und Männer nach einer
Familienphase entwickeln. „Bei
solchen Vorhaben muss der öf-
fentliche Dienst, der als größter
Arbeitgeber Deutschlands eine
Vorreiterrolle innehaben sollte,
mit dabei sein“, bekräftigte
Helene Wildfeuer.
EU-Kommission kappt Mutterschutz:
Alles auf Anfang
Die Reform der Mutterschutzrichtlinie ist vorerst
gescheitert. Die Europäische Kommission beschloss
am 1. Juli 2015, den Vorschlag zurückzuziehen.
Der Rat hatte sich geweigert,
weiter über die Reformmit
dem Europäischen Parlament
zu verhandeln. „Jetzt stehen
wir wieder ganz am Anfang“,
kommentierte die Vorsitzende
der dbb bundesfrauenvertre-
tung Helene Wildfeuer die Ent-
scheidung der Europäischen
Kommission.
„Der Rat hat eine große Chance
vertan“, so Wildfeuer weiter.
„Die vorgeschlagene Reform
der Mutterschutzrichtlinie
wäre ein wichtiger Beitrag
gewesen, um strukturelle Un-
gleichgewichte zulasten von
Frauen zu beseitigen und ihnen
eine gleichwertige Teilhabe am
Arbeitsleben zu ermöglichen.“
Begrüßenswert sei aber, dass
die Kommission das Thema
weiterverfolgen wolle. Parallel
zur offiziellen Ankündigung
der Rücknahme des Vorschlags
im EU-Amtsblatt soll ein Fahr-
plan zur Verwirklichung der
Richtlinienziele „im breiteren
Kontext der Förderung der
Erwerbsbeteiligung von Frau-
en“ veröffentlicht werden.
Wildfeuer: „Es geht bei der
Reform des Mutterschutzes
nicht nur um eine bessere
Beteiligung von Frauen am
Arbeitsleben, sondern auch
ganz konkret um einen bes­
seren Gesundheitsschutz für
Mutter und Kind. Deshalb ist
es gut, dass die Kommission
sich weiter mit diesem Thema
beschäftigen will. Es wäre
unverantwortlich, bei dieser
wichtigen Frage Stillstand
hinzunehmen.“
Über eine Reform der Mutter-
schutzrichtlinie wird bereits
seit 2008 diskutiert. Der Schutz
für schwangere Arbeitneh-
merinnen, Wöchnerinnen und
stillende Arbeitnehmerinnen
sollte erhöht werden. Dazu
sollte unter anderem der Mut-
terschutz von 14 auf 18 Wo-
chen angehoben werden.
BMFSFJ
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Die Vorsitzende der dbb bundesfrauenvertretung Helene Wildfeuer und
BMFSFJ-Staatssekretär Dr. Ralf Kleindiek trafen sich Mitte Juni zum ers-
ten Arbeitsgespräch nach dem Bundesfrauenkongress.
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