dbb magazin 03/2016 - page 12

Bundesfernstraßen:
Auftragsverwaltung erhalten
Der dbb ist gegen eine Zerschlagung der Auftragsverwaltung, unterstützt
aber Reformen in den Bereichen Planung, Finanzierung und Verfahren. Das
machten die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Kirsten Lühmann und
Ulrich Silberbach am 4. Februar 2016 in einem Gespräch mit Vertretern der
Bodewig-II-Kommission „Bau und Unterhaltung des Verkehrsnetzes“ in
Berlin deutlich. Im Rahmen der Auftragsverwaltung planen, bauen und
betreiben bislang die Länder die Bundesfernstraßen für den Bund.
Die Kommission unter Leitung
des ehemaligen Bundesver-
kehrsministers Kurt Bodewig
prüft und bewertet im Auftrag
der Verkehrsminister der Län-
der aktuelle Untersuchungen
zur Auftragsverwaltung und
soll mögliche Konsequenzen
für Länder und Kommunen
aufzeigen. Der Bund hatte eine
Bündelung der Aufgaben in
einer bundeseigenen Gesell-
schaft vorgeschlagen.
„Eine solche Bundesfernstra-
ßengesellschaft und insbeson-
dere die damit verbundene
Änderung des Art. 90 Grund­
gesetz lehnen wir ab“, sagte
Ulrich Silberbach. „Dadurch
würden öffentliche Einrichtun-
gen der Daseinsvorsorge in ih-
rem Bestand gefährdet. Das
System der Auftragsverwal-
tung der Bundesstraßen und
Autobahnen durch die Landes-
straßenbauverwaltungen hat
sich seit Jahrzehnten bewährt.“
Die dort Beschäftigten hätten
trotz anhaltenden Personalab-
baus stets kompetent und zu-
verlässig für Erhalt und Sicher-
heit der Bundesfernstraßen
gesorgt. Es gehe nicht an, dass
der Bund die Landesstraßen-
bauverwaltungen zuerst ka-
puttgespart habe und ihnen
nun mangelnde Effizienz vor-
werfe. Durch einschneidende
Veränderungen bei Bau und
Unterhaltung von Bundesfern-
straßen würde sich die Leis-
tungsfähigkeit über Jahre hin-
weg verringern, gab Silberbach
zu bedenken. „Auch bisherige
Synergien beim Betriebsdienst,
der für das gesamte Straßen-
netz zuständig ist, würden da-
mit leichtfertig aufs Spiel ge-
setzt.“ Kirsten Lühmann sagte:
„Es wäre mit dem Auftrag der
öffentlichen Hand zur Daseins-
vorsorge nicht zu vereinbaren,
dass mögliche Privatisierungen
von Bundesfernstraßen oder
eine Beteiligung privater An-
teilseigner an einer solchen
Gesellschaft die parlamenta­
rische Kontrolle des Bundes
schmälern.“
Auch Öffentlich-Private Part-
nerschaften (ÖPP), die von ei-
ner Bundesfernstraßengesell-
schaft nach Gutdünken als
Standardmodell eingesetzt
werden könnten, seien kein
geeignetes Mittel. „Selbst der
Bundesrechnungshof hat sol-
che ÖPP für das Straßenwesen
als intransparent und unwirt-
schaftlich klassifiziert“, so dbb
Vize Silberbach. Der dbb war-
ne deshalb vor einem Paradig­
menwechsel hin zur fakti-
schen Teilprivatisierung der
Straßeninfrastruktur. „Dessen
Risiken und Nebenwirkungen
sind bisher nicht einmal an-
satzweise durchdacht. Statt­
dessen fordern wir den Bund
zu einer kreditfinanzierten
Investitionsoffensive auf. Die
würde Chancen eröffnen, die
marode öffentliche Straßen­
infrastruktur zum Nulltarif zu
modernisieren.“
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Kurt Bodewig (links Mitte) beriet mit den stellvertretenden dbb Bundesvorsitzenden Ulrich Silberbach (3. von
rechts) und Kirsten Lühmann (2. von rechts) sowie dem Bundesvorsitzenden der Fachgewerkschaft der Straßen-
und Verkehrsbeschäftigten (VDStra.), Siegfried Damm (rechts), über die Zukunft der Straßeninfrastruktur.
FriedhelmWindmüller
© hykoe – Fotolia.com
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Die Bundesfernstraßen werden nach Art. 90 des Grundgesetzes im Auftrag des Bundes von den Ländern ver-
waltet. Die Auftragsverwaltungen nehmen die zugewiesenen Aufgaben als eigene Aufgaben wahr. Die Länder
planen, bauen und betreiben Bundesfernstraßen für den Bund. Die Bundesregierung prüft derzeit die Schaf-
fung einer Bundesfernstraßengesellschaft unter Beteiligung privater Anleger, wodurch die Straßenbauverwal-
tungen der Länder einen großen Teil ihrer Aufgaben verlieren würden.
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